30. August 2018

Ich war schon immer mehr Uhu als Pattex

Kennen Sie das? In diversen Dingen des Lebens gibt es zwei Optionen, zwischen denen man entscheiden muss. Je nachdem, wie diese Entscheidung ausfällt, lässt sich ein Charakter einordnen. Ja mehr sogar noch: eine Philosophie, eine ganze Weltanschauung.
Das ganze funktioniert aber wahrscheinlich nur in der Generation derer, die damals lediglich nur zwei Möglichkeiten zur Auswahl hatten. Heute gibts ja viel mehr davon und ich bezweifle, dass die heutige Jugend a) im Stande ist, zu verstehen, was ich meine und b) bei der Vielfalt an Auswahlmöglichkeiten und der damit verbundenen Prägung ungeeignet für einen Test ist. Als verhinderter Psychologe wage ich zu behaupten, dass man in der Lage sein kann, mit den Auswahlmöglichkeiten aus zwei Produkten mit nahezu identischer Funktion  das geistige Profil eines Menschen zu erstellen. Einfach deshalb, weil diese Produkte eine bestimmte Geisteshaltung bescheinigen. Ein alternativer Test, der so unerforscht wie effektiv ist.

In den ersten Jahren wird das Leben bereits durch die Entscheidung Alete oder Hipp geschürt. Dafür sind die Eltern verantwortlich. Dann geht es weiter in der Schule: Pelikan oder Geha - die Frage vermochte die Klasse in zwei Lager zu teilen. Um es gleich zu sagen: Ich bin und war schon immer Geha. Nicht, dass ich heute noch damit zugange wäre aber mir sagte die Zuverlässigkeit, die Robustheit und das Prinzip des Geha Schulfüllers zu. Alleine schon die Tatsache, dass man eine Tintenpatrone nicht mit der eigentlich dafür vorgesehenen Seite, also da, wo das kleine Glaskügelchen ist, in den Füller schob. Nein, man musste die Patrone umdrehen, das Kügelchen wurde nicht brutal in die Tinte gestoßen, sondern man durchbohrte die Rückwand. Dieses eigentlich unlogische Prinzip förderte in mir die Neigung, Dinge auf den Kopf zu stellen, das Pferd von hinten aufzuzäumen, Sachen durchs Hintertürchen zu regeln und vieles einfach anders zu machen als man es augenscheinlich machen würde. Zudem faszinierten mich die rundherum angebrachten Kontrollschlitze des Füllers, an denen man, gegen das Licht betrachtet, sehr genau ablesen konnte, wann es Zeit war, eine neue Patrone auf der Rückseite anzuzapfen. Das alles hatte der Pelikan nicht. Ja, ich fand ihn gewöhnlich und langweilig. Bezeichnend für den Niedergang der Werte und des Scheiterns meines eigenen Daseins war die Tatsache, dass die Geha Werke im Jahr 1990 von Pelikan übernommen, die Produktionsstätten in Hannover abgerissen wurden und der Geha Schulfüller stillschweigend von der Bildfläche verschwand.
Ein Meisterwerk der Technik
Später in der Schule wurde dann auch gebastelt. Uhu oder Pattex? Ich war immer Uhu, alleine schon wegen der Konsistenz und dieses wunderbaren chemischen Geruchs. Beides wurde irgendwann mal geändert. Uhu war nicht mehr so Honigartig geschmeidig sondern eher klumpig sämig. Auch der Geruch war nicht mehr so angenehm. Eher neutral. Egal, ich blieb bei meiner Wahl. Später kamen andere Dinge hinzu, die bis heute Einfluss auf den Charakter nehmen: Ich war immer Adidas statt Puma, TDK statt BASF, Nokia statt Siemens, Mercedes statt BMW (Ich fahre aber Skoda. Was dies bedeutet, kann ich noch nicht mit Sicherheit sagen) und ich würde OB statt Tampax verwenden, sollte dies mal nötig werden.
Wie Sie sehen, lohnt es sich, auch mal über die banalen Dinge nachzudenken, denn unter jedem Stein kann ein Frosch sitzen, den man nur zu küssen braucht und ein Prinz steht vor einem. Wenn Sie das jetzt nicht so richtig verstehen, sind Sie wahrscheinlich Pattex und haben mit dem Pelikano das Schreiben gelernt.

Aussichtsreicher Job

Es gibt Tage, an denen es Spaß macht, zu arbeiten. Diese sind, wenn man ehrlich ist, Mangelware. Und wenn man noch ehrlicher ist: Eigentlich macht der Job in 80 Prozent der Fälle überhaupt keinen Spaß. Im Grunde muss man für langweilige, völlig überflüssige Dinge, Sachen aus dem Hut zaubern, die nicht den Tatsachen enstprechen. Geschichten erfinden, Interessen schüren, die eigentlich keine Daseinsberechtigung haben und das Blaue von einem Himmel, der eigentlich bedeckt ist und sich jeden Moment ausregnen könnte, erzählen. Erkenntnis fast immer: Dat Zeuchs braucht kein Mensch. Eine Ausnahme bildete der letzte Montag. Wir wissen nicht, ob das, was wir da taten, irgendwem nützlich sein wird, ob der CO2 Ausstoß dadurchlangfristig gemindert wird, ob künftig weniger männliche Küken gefoltert werden oder die Klimaerwärmung aufgehalten werden könnte. Nein, das wissen wir nicht. Aber jedenfalls hatten wir eine Job, der uns selbst mal wieder ziemlich Spaß gemacht hat. Es ging um Film- und Fotoaufnahmen an der Mosel. Das Motiv selbst ließ schon keinen Zweifel daran aufkommen, dass es sich hier um eine dankbare Aufgabe handelte. Und so filmten und fotografierten wir, was das Zeuch hielt. Ein kleines Demo-Video für den Auftraggeber sehen Sie hier in diesem Kino...

3. August 2018

Die Angst im Walde - eine Gebrauchsanweisung für die Benutzung des Schlitzerländer Forsts

Herrlich, so eine kleine Feierabend-Radtour in den Schlitzer Wäldern... nur ein paar Dinge solltest du dabei unbedingt beachten, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden:
1. Rechne mit allem, nur nicht mit gepflegten Waldwegen.
2. Am Besten verlässt du auf keinen Fall die zweispurigen Waldautobahnen. Denn andere Pfade - auch wenn sie anfangs wie Wanderwege oder Singletrails aussehen - enden idR vor einem Schutthaufen, einem Stapel Holz oder in einer Brennesselkolonie.
3. Solltest du bar jeglichen Menschenverstandes doch einmal die großen Trassen verlassen, orientiere dich an den quer zur Laufrichtung liegenden Ästen und Baumstämmen. Das aufmerksame Waldpersonal hat sie liebevoll auf den kleineren Wegen drapiert, da diese ansonsten nicht als solche zu erkennen sind.
4. Einzige Gefahr auf den Waldautobahnen sind die Radtracks. Diese machen aber von Weitem schon durch extremen Lärm auf sich aufmerksam (Keine Bange liebe Tierfreunde: Nicht nur der Mensch, auch die Tierwelt stumpft irgendwann ab). Keinesfalls solltest du daher den Wald mit Kopfhörern und Musik betreten, um eventuelle Warnsignale nicht zu überhören.
5. Bist du mit dem Fahrrad unterwegs, wird dein Optimismus irgendwann auf jeden Fall mit einer kostenlosen Ganzkörpermassage durch von Bulldozerreifen ergonomisch angelegten Querrillen belohnt. So bleiben die Muskeln länger fit und die Gefahr des Sekundenschlafs auf den langen monotonen Trassen wird reduziert.
6. Hast du die Orientierung verloren, halte einfach nach den überall installierten Markierungsmasten Ausschau. Diese bestehen aus hohen Metallsäulen und sind im oberen Bereich mit drei Richtungspfeilen bestückt, die sich manchmal sogar drehen. Sie überragen sämtliche Baumwipfel und sind somit von jeder Position aus deutlich sichtbar. Zudem werten sie das Gesamtbild des Waldes auf und stellen eine zusätzliche Attraktion der hiesigen Gefilde dar.
Beachtest du diese Anweisungen, kannst du stundenlang entspannt unterwegs sein. Und das meist, ohne einer Menschenseele zu begegnen - was sicher auch daran liegt, dass Ortskundige bzw. Einheimische aus Sicherheitsgründen und zur Vermeidung von Freizeitstress von vornherein das Betreten der hiesigen Wälder vermeiden.

Überragende An- und Aussichten

Einer von vielen offiziellen Wanderwegen - kann man in den Freizeitkarten überprüfen. 
Clever gelöst: Wegmarkierungen aus nachwachsenden Rohstoffen




Da weiß man, dass man richtig ist: Kennzeichungen der Wanderwege sind immer quer zur Laufrichtung angebracht.

22. März 2018

Resignation und Apathie - irgendwann is auch egal

22.03.2018

Tristesse ist man hier im Ort gewohnt. Das Wetter fällt nicht weiter auf.
Irgendwann kam das Gefühl der Gelassenheit. Und zum ersten Mal konnte ich die Skandinavier verstehen, die monatelang in der Dunkelheit leben. Zumindest fast. Sie haben sich mit der Situation arrangiert, denn man kann daran sowieso nichts verändern. Dasselbe versuche ich auch - oder nein, es kam einfach. Als wir aus der schönen Toskana zurückkamen - und das ist Mitte Oktober gewesen - empfing uns abscheulichstes Wetter. Das hält bis jetzt. Ja, als man dachte, dass der Frühling endlich kommen könnte, nahm der Winter nochmal einen tiefen Zug aus der Pulle. Ein Ende ist noch nicht in Sicht und bis Ostern könnte es in diesem Jahr frostig bleiben, sagt der Wetterbericht. Mir irgendwie egal. Ja, Sie lesen richtig.
Ich sehe es ja für gewöhnlich aus der Sicht des Radsportlers. Umso verwunderlicher meine Einstellung zum hiesigen Wetter diesem Jahr. Der Grund liegt in einer Art Teufelskreis und an Felix. Und zwar ist das so: Je schlechter das Wetter, desto weniger kann ich mir vorstellen, draußen zu fahren. Desto angenehmer empfinde ich es sogar, einfach in kurzer Buxe auf dem Heimtrainer zu sitzen. Je länger es also draußen nahezu unmöglich ist, Rad zu fahren, desto mehr gewöhne ich mich daran und weiß die Vorteile zu schätzen: Es ist warm, regnet nicht, die Ausrüstung ist überschaubar und man kann dabei fernsehen. Ein weiterer Grund für meinen Gesinnungswandel: Felix, mein Rad-Kollege beschäftigt sich gerade intensiv mit dem Komponieren von Trainingsplänen. 
Habe noch nie so viel Fernsehen geguckt, wie in diesem Winter.
Vornehmlich Videos von Menschen, die durch die Sonne radeln.
Und so bat er mich, sein Versuchskarnickel zu sein. 
"Kann ja nur besser werden", dachte ich und so trainiere ich seit geraumer Zeit nach Plan, dem ich mich hingebungsvoll verpflichtet fühle. Weil Felix sich wirklich Mühe gibt und mit Leidenschaft an meiner körperlichen Leistungsfähigkeit schraubt. Und - das kommt hinzu - weil das alles bei "Strava" dokumentiert wird. Eine Art Facebook für Sportler, bei der alles, was man auf dem Rad unternimmt, für die ganze Welt zu sehen ist. Felix schaut sich mein Training an und da möchte ich mir nicht die Blöße geben. Kurz gesagt: Ich bin froh, wenn ich bei der Suppe nicht nach draußen muss, dass ich einen Anreiz habe, dennoch was zu tun und dass dies scheinbar auch einen positiven Effekt hat. Von mir aus kann es so weitergehen und die Sonne nur mal kurz an den Renn-Wochenenden rausgucken. Mir doch egal, pfffffhhh....
Auch Voodoo hat bisher nichts gebracht





9. März 2018

Die entmannte Hymne

09.03.2018
Heute mal was Politisches: Aus aktuellem Anlass widme ich mich heute mal einem meiner Lieblingsthemen. Und weil ich es nicht besser ausdrücken könnte, bediene ich mich heute eines Beitrags von Bastian Sick, den ich an dieser Stelle einfach mal ungekürzt und unverändert wiedergebe. Dem ist nichts hinzuzufügen...



Das musste ja kommen. Nachdem die Österreicher bereits vor einigen Jahren per Erlass den Text ihrer Nationalhymne verändert hatten, war es nur eine Frage der Zeit, bis auch in Deutschland jemand fordern würde, die dritte Strophe des „Liedes der Deutschen“ von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben zu ändern und von allen „Vätern“ und „Brüdern“ zu reinigen. Dieser Jemand – oder soll ich sagen: diese Jemandin – ist gefunden. Es ist die Gleichstellungsbeauftragte des Familienministeriums, Kristin Rose-Möhring. Wie heute in den Zeitungen zu lesen stand, will sie „Vaterland“ in „Heimatland“ abgeändert sehen und „brüderlich“ in „couragiert“.
Nun hat das Wort „brüderlich“ die Bedeutung „freundschaftlich“, „wie Geschwister verbunden“, wovon die Schwestern zu keinem Zeitpunkt ausgenommen waren. Auch Schwestern können brüderlich miteinander teilen. Und dass „Vaterland“ nur das Land der Väter, nicht aber auch der Mütter sei, steht nirgendwo geschrieben außer vielleicht in den Lehrbüchern der Gleichstellungsbeauftragtinnen. Ebenso wenig ist die Muttersprache eine Sprache, die nur von Frauen gesprochen würde. Und wo wir gerade dabei sind: „Einigkeit und Recht und Freiheit“ kann dann aber auch nicht stehen bleiben – das sind zwei weibliche Wörter und ein sächliches Wort. Da sind wir Männer doch völlig unterrepräsentiert!
Ich war stets ein Freund der Gleichberechtigung und der Frauenbewegung und bin es noch heute. Doch ich war nie ein Freund der sogenannten gendergerechten Sprache. Zunächst einmal wird dabei ignoriert, dass das grammatische Geschlecht und das biologische Geschlecht zwei verschiedene Paar Schuh sind. Nur weil „der Mensch“ grammatisch männlich ist, heißt das längst nicht, dass Frauen nicht dazugehörten. Umgekehrt ist „die Person“ grammatisch weiblich, was nicht ausschließt, dass auch Männer Personen sein können. Aus einem Missverständnis der Grammatik heraus ist die Sprache zu einem Nebenkriegsschauplatz der Emanzipation geworden, und je länger dieser Krieg wütet, desto mehr wird die Sprache dabei in Mitleidenschaft gezogen.
Im neuesten Vorstoß der Gleichstellungsbeauftragten soll ein 177 Jahre altes Kunstwerk (das „Lied der Deutschen“ entstand 1841 auf der Insel Helgoland) aus politischen Gründen verändert werden. So etwas sollte bei allen Freidenkern und Kulturschützern Großalarm auslösen. Denn über erzwungene Veränderungen in der Sprache Einfluss auf das Denken zu nehmen, ist ein Wesenszug von Fanatismus und Diktatur. Dazu gehört auch das Bestreben, Kunst im Allgemeinen zu verändern und so hinzubiegen, dass sie politisch genehm ist. Dafür gibt es in der Weltgeschichte (und speziell in der Geschichte Deutschlands) zahlreiche abschreckende Beispiele.
Die Nazis erklärten Malerei, die ihnen nicht genehm war, zu „entarteter Kunst“ und verbrannten Bücher. Die SED unterdrückte die Meinungsfreiheit über 40 Jahre lang. Und noch vor gar nicht langer Zeit entsetzte sich die Welt darüber, dass der Islamische Staat eine Tempelanlage in Syrien sprengte und eine 2000 Jahre alte Löwenstatue zerstörte, weil diese nicht in sein religiöses Weltbild passten.
Was ist so anders daran, wenn per Dekret beschlossen wird, an einer Hochschule in Berlin ein Fassadengedicht von Eugen Gomringer zu übermalen, weil es angeblich frauenfeindlich sei? Man muss „frauenfeindlich“ nur durch „entartet“ ersetzen, um zu erkennen, aus welcher Richtung ein solcher Wind weht.
Die Veränderung der Nationalhymne ist ein schwerwiegender Eingriff. Man kann sie abschaffen, wenn sich die Staatsform ändert – so wie mit der Hymne der DDR geschehen und mit der Streichung der ersten Strophen des Deutschlandliedes bei der Gründung der Bundesrepublik. Aber den einmal geschaffenen Text zu verändern, also in das Werk eines Dichters einzugreifen und es zu „verschlimmbessern“ – das widerspricht jeglichem Verständnis von Kunstfreiheit. Der Staat hat die Verpflichtung, Kunst zu bewahren. Er hat nicht die Aufgabe, sie je nach politischer Laune zu retuschieren, zu schwärzen oder zu übertünchen. Denn ehe man sich’s versieht, landet man dort, wo man vor 85 Jahren schon mal gewesen ist.

5. Februar 2018

Eierlikör gegen Blasen oder: Wandern für Nicht-Wanderer

Es gibt Sportarten, die sich extremer Beliebtheit erfreuen. Und das obwohl sie langweilig sind. Das aber - lieber Leser - ist meine persönliche Meinung und beruht auf Geschmack und Erfahrung. Laufen und Wandern gehören für mich zu jenen Freizeitbeschäftigungen, mit denen man mich jagen kann. Man kommt nicht richtig voran und mit der aufgewendeten Zeit verhältnismäßig wenig rum. Außerdem tut alles weh - bei den Knien angefangen über Wadenzerrungen bis hin zu mächtigen Blasen an den Füßen. Insofern vermeide ich sehr gerne jeden überflüssigen Schritt zu Fuß. Nicht zeitgemäß, ich weiß. Wo doch jeder zweite heute mit einer komischen Uhr durch die Gegend läuft, die einem mitteilt, wieviel Schritte man an diesem Tag noch zu laufen hat, um nicht irgendwann als degenerierter Fleischklops zu enden. Dachte ich doch, dass ich auf keinen Fall solchen Zwängen anheimfallen würde und daher sämtliche doofen Fitness-Armbänder, Sportuhren und Lifestyle-Apps verneine, machte mich mein Handy neulich penetrant darauf aufmerksam, dass ich von meinem Tagesziel noch sprichwörlich meilenweit entfernt sei. Tagesziel? Wat fürn Tagesziel? Ich habe keins. Doch weit gefehlt. Auf meinem Smartphone befindet sich werksbedingt eine App, die ich definitiv nicht heruntergeladen habe, die sich aber ungefragt in meinen Tagesablauf einmischen will. Sie nennt sich "Health" und zählt gegen meinen Willen meine Schritte - und legt mal eben ein Tagesziel von 7.000 für mich fest. Frechheit. Wer gibt dieser App das Recht, zu entscheiden, wieviel Schritte ich am Tag machen soll? Den Teufel werde ich tun. Und überhaupt: Eine App, die sich Health nennt und einen zum Laufen animieren will - ein Widerspruch in sich. Ich habe sofort das Tagesziel auf das Doppelte programmiert, damit das Erreichen dieser Schwelle so weit in die Ferne rückt, dass ich keinesfalls in Versuchung gerate, mich an dessen Erreichen zu beteiligen.

Wie auch immer, am vergangenen Wochenende konnte ich nicht anders. Meine Leidenschaft zur exzessiven Benutzung zweirädriger Vehikel wurde mir zum Verhängnis. Da ich nämlich im vergangenen Jahr mit dem Radclub an einer bestimmten Anzahl an Veranstaltungen teilgenommen hatte, kam ich in den Genuss des vom Club gesponserten Ausflugs "Hüttenwanderung durch die Rhön". Na toll. Wieso fahre ich denn Rad? Damit am Ende doch laufen muss? Gesagt getan, als Mitglied des Vorstandes kann man sich nicht so einfach drücken. Und so wanderten wir irgendwo los. Bei Schneetreiben und strengem Wind. Zum Glück gibt es kein Club-Event dieses Kalibers ohne ausreichende Unterbrechungen mit dem Ziel, verlorengegangene Energie und aufkommende Schmerzen aufgrund fortgeschrittener Gelenk-Arthrose und nach bereits wenigen hundert Metern beginnender Blasenbildung an der Ferse mit Eierlikör entgegenzuwirken. Drei Tage lang durch die schöne Rhön - bei zweifellos höchst glücklichen Bedingungen. Es war kalt geworden und hatte geschneit. So wurde man doch bisweilen durch eine tadellose Fernsicht und hinreißende Mittelgebirgs-Panoramen entschädigt. Die Geselligkeit ließ natürlich auch nicht zu wünschen übrig so dass die Arbeitswoche zwar mit Verspannungen, wunden Füßen aufgrund erheblicher Überschreitungen des Tagesziels beginnt, dennoch aber mit der Erinnerung an ein höchst amüsantes Aktivwochenendes. Nochmal allerdings brauch ich das nicht...

 Der Erste Eierlikör-Zwischenstopp
Blessuren bleiben nicht aus. Da war wohl ein Stolperstein im Wald. 
Erste Übernachtung im Würzburger Haus



...möge das Wetter mit uns sein



Komischer Vogel in der Rhön


Wenn es vorbei ist, schlage ich drei Kreuze
Und wieder runter vom Kreuzberg

Orientierungslosigkeit vor der Hütte

die nächste Hütte, das Neustätter Haus


Fast wie damals in der Jugendherberge - Zimmerparty reloaded

So endet mancher Weg: Fusel unter der Brücke

13. Dezember 2017

Hopfen und Malz... 40 Jahre Dornröschenschlaf

Heute war es endlich mal soweit. Mit dem Wirtschaftsförderer der Stadt waren wir in den uralten Brauereianlagen, die in unmittelbarer Nachbarschaft liegen. So nah und doch wie eine weit entfernte Insel. Denn seit die Anlagen verlassen wurden, hat offenbar kaum jemand die Räume betreten. Zumindest einige sehen mit ihrer zentimeterdicken Staubschicht danach aus. Eine wirklich interessante Entdeckungsreise in die Vergangenheit. Weiß ich doch noch, wie es immer roch, wenn hier im Ort gebraut wurden. Leicht süßlich-malzig. Doch das ist mehr als 40 Jahre her und ich war ganz klein. Dennoch, dieser Geruch in Verbindung mit den Fassaden der Brauerei ist noch so präsent als wäre es gestern gewesen.

Mit dem Wirtschaftsförderer haben wir einmal etwas herumgesponnen und sind zu dem Schluss gekommen, dass es toll wäre, wenn sich jemand dem Projekt annähme und etwas damit auf die Beine stellen könnte. Re-Animation der Brauerei für ein originelles Craft Beer, Restaurantbetrieb, alles wäre möglich. Die Eindrücke einer längst vergessenen Welt sind hier mal im Bild festgehalten....

28. November 2017

Wie eine Rückenmassage für den Kopf

Es gibt Gegenden, die üben in etwa den Reiz eines abgestandenen Bieres aus. So eines, das am nächsten Morgen auf einem Partytisch steht, und das man um alles in der Welt nicht an den Hals setzen würde. Zwischenfrage: Kommt daher eventuell auch das Wort Abschaum? Könnte sein. Aber das, worauf ich hinaus will als solchen zu bezeichnen, wäre vielleicht ein bisschen über das Ziel hinausgeschossen. Also, ich meine Gegenden wie England. Immer trüb, nie einladend und im Ganzen so trostlos, wie ein verranzter Partykeller morgens um elf, wenn die ersten Kronkorken widerspensitg und mit Gänsehaut erzeugendem Geräusch im gnadenlosen Borstenwerk eines Besens über den leicht klebrigen gefliesten Boden geschoben werden. England. Bis auf die Gegend links oben langweilige Landschaft, das Essen schlecht, die Leute käsig und irgendwie habe ich nur Schwarzweißbilder mit allenfalls einem leichten Blaustich vor Augen, wenn ich an England denke. Ganz abgesehen davon passt der Vergleich nur zu treffend, denn der Geschmack des typischen englischen Bieres ist kaum von dem eines oben beschriebenen zu unterscheiden. Dem Engländer ist das relativ egal. Bei ihm, der kulinarische Totalschäden bereits in der Muttermilch aufsaugt, kommt es auch nicht mehr darauf an, wenn das Bier nach Moorleiche schmeckt. Ich würde das nicht schreiben, hätte ich selbst nicht schon die Erfahrung gemacht. Fest entschlossen, Vorurteile zu widerlegen, begab ich mich mit Freunden nach Schottland, links oben eben, denn da ist es schöner von der Landschaft her, kulinarisch allerdings um keinen Deut besser als auf dem Rest der Insel. Nach bereits zwei Tagen legte mein Verdauungssystem die Arbeit stillschweigend und ohne Vorankündigung nieder, trat in einen Warnstreik und forderte mich damit auf, das Land umgehend zu verlassen. Konsequent wurde der Streik durchgezogen. Ansonsten zog in dieser Woche wenig durch meinen Körper hindurch. Es blieb einfach alles drin und er weigerte sich, von dem, was man ihm anbot, irgendetwas zu verwerten. Auch Mengen an Verdauungssschnaps - Whisky in Schottland genannt - zeigten keine Wirkung. Mit viel Bitten und moderner Medizin konnte ich zu Hause das verdauungstechnische Betriebssystem wieder hochfahren, wenn auch zunächst im abgesicherten Modus. Erst sehr langsam ließ sich mein Inneres davon überzeugen, dass wir uns nicht mehr in der lukullischen Diaspora befanden.

Typische Neubausiedlung in England
Als Brite hat man ja auch gar keine Chance, dem ganzen Übel zu entkommen. Ausweg: Abstumpfung. Man kann sich ja nicht mal ins Auto setzen und - auf der falschen Fahrbahnseite übrigens - einfach davonfahren. Zum Beispiel nach Italien. Und damit zum heutigen Thema. Denn eigentlich geht es nicht um England (von China will ich erst gar nicht anfangen), sondern darum, dass wir in einer der wohl schönsten Gegenden dieser Erde waren, um bei der Olivenernte zu helfen. Ich will mit meinen Ausführungen auch nur zum Ausdruck bringen, dass es Länder gibt, die ich niemals mehr freiwillig betreten würde - zumindest nicht im Urlaub - und Regionen, die einen sinnlichen Reiz ausüben, dem man immer wieder gerne erliegt. Die Toskana. Bei ihr fallen Bilder, Gerüche, Geräusche und Geschmäcker ein, die ein buntes Potpourri puren Genusses ergeben.
Beispiele? Bitte: Farbe: England: Graublau, Toskana: Orange. Geruch: England: Rußig-ölig, Toskana: Olivig-ölig. Empfinden: England: Jacke zu, Kragen hoch, Toskana: Oberster Hemdknopf auf, kein Unterhemd.
Unser 10 tägiger Trip war geprägt von tollem Licht, wunderbarem Wein, fantastischen Speisen (äußerst bezahlbar übrigens im Gegensatz zur komischen Insel im Norden), tollen Menschen in kleinen Ortschaften. Und selbst die Arbeit im Olivenhain war irgendwie - obwohl von körperlicher Anstrengung geprägt - angenehm meditativ.

Und nun ganz ohne viele weitere Worte hier einige der schönsten Impressionen der Reise.