30. August 2018

Ich war schon immer mehr Uhu als Pattex

Kennen Sie das? In diversen Dingen des Lebens gibt es zwei Optionen, zwischen denen man entscheiden muss. Je nachdem, wie diese Entscheidung ausfällt, lässt sich ein Charakter einordnen. Ja mehr sogar noch: eine Philosophie, eine ganze Weltanschauung.
Das ganze funktioniert aber wahrscheinlich nur in der Generation derer, die damals lediglich nur zwei Möglichkeiten zur Auswahl hatten. Heute gibts ja viel mehr davon und ich bezweifle, dass die heutige Jugend a) im Stande ist, zu verstehen, was ich meine und b) bei der Vielfalt an Auswahlmöglichkeiten und der damit verbundenen Prägung ungeeignet für einen Test ist. Als verhinderter Psychologe wage ich zu behaupten, dass man in der Lage sein kann, mit den Auswahlmöglichkeiten aus zwei Produkten mit nahezu identischer Funktion  das geistige Profil eines Menschen zu erstellen. Einfach deshalb, weil diese Produkte eine bestimmte Geisteshaltung bescheinigen. Ein alternativer Test, der so unerforscht wie effektiv ist.

In den ersten Jahren wird das Leben bereits durch die Entscheidung Alete oder Hipp geschürt. Dafür sind die Eltern verantwortlich. Dann geht es weiter in der Schule: Pelikan oder Geha - die Frage vermochte die Klasse in zwei Lager zu teilen. Um es gleich zu sagen: Ich bin und war schon immer Geha. Nicht, dass ich heute noch damit zugange wäre aber mir sagte die Zuverlässigkeit, die Robustheit und das Prinzip des Geha Schulfüllers zu. Alleine schon die Tatsache, dass man eine Tintenpatrone nicht mit der eigentlich dafür vorgesehenen Seite, also da, wo das kleine Glaskügelchen ist, in den Füller schob. Nein, man musste die Patrone umdrehen, das Kügelchen wurde nicht brutal in die Tinte gestoßen, sondern man durchbohrte die Rückwand. Dieses eigentlich unlogische Prinzip förderte in mir die Neigung, Dinge auf den Kopf zu stellen, das Pferd von hinten aufzuzäumen, Sachen durchs Hintertürchen zu regeln und vieles einfach anders zu machen als man es augenscheinlich machen würde. Zudem faszinierten mich die rundherum angebrachten Kontrollschlitze des Füllers, an denen man, gegen das Licht betrachtet, sehr genau ablesen konnte, wann es Zeit war, eine neue Patrone auf der Rückseite anzuzapfen. Das alles hatte der Pelikan nicht. Ja, ich fand ihn gewöhnlich und langweilig. Bezeichnend für den Niedergang der Werte und des Scheiterns meines eigenen Daseins war die Tatsache, dass die Geha Werke im Jahr 1990 von Pelikan übernommen, die Produktionsstätten in Hannover abgerissen wurden und der Geha Schulfüller stillschweigend von der Bildfläche verschwand.
Ein Meisterwerk der Technik
Später in der Schule wurde dann auch gebastelt. Uhu oder Pattex? Ich war immer Uhu, alleine schon wegen der Konsistenz und dieses wunderbaren chemischen Geruchs. Beides wurde irgendwann mal geändert. Uhu war nicht mehr so Honigartig geschmeidig sondern eher klumpig sämig. Auch der Geruch war nicht mehr so angenehm. Eher neutral. Egal, ich blieb bei meiner Wahl. Später kamen andere Dinge hinzu, die bis heute Einfluss auf den Charakter nehmen: Ich war immer Adidas statt Puma, TDK statt BASF, Nokia statt Siemens, Mercedes statt BMW (Ich fahre aber Skoda. Was dies bedeutet, kann ich noch nicht mit Sicherheit sagen) und ich würde OB statt Tampax verwenden, sollte dies mal nötig werden.
Wie Sie sehen, lohnt es sich, auch mal über die banalen Dinge nachzudenken, denn unter jedem Stein kann ein Frosch sitzen, den man nur zu küssen braucht und ein Prinz steht vor einem. Wenn Sie das jetzt nicht so richtig verstehen, sind Sie wahrscheinlich Pattex und haben mit dem Pelikano das Schreiben gelernt.

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