24. April 2016

Erschreckend normal - Radtraining auf Mallorca

Einer meiner Lieblingsstrecken: Der Soldatenberg bei Palma
Ich habe es gewusst. Es handelt sich um Zufall. Die Unfälle beim Radfahren in den letzten Jahren waren keine Absicht des Kosmos, sondern einfach unglücklich. Insofern war Mallorca in diesem Jahr einfach mal wieder vollkommen ereignislos - im negativen Sinne.

Es gab also keine Crashs. Das ist schonmal das Schöne. Darüber hinaus - und fast schon des Guten zu viel - gab es noch nicht mal eine Panne. Also zum Beispiel einen Platten. Das kommt eigentlich immer mal vor, zumal die Straßen auf Mallorca oft nicht das sind, was man sich wünscht.
Eng und hellhörig: Die Zimmer im MA13. Macht aber nix.
Der Radkeller hat Stil.
Auch in diesem Jahr teilte sich unser Aufenthalt auf zwei Locations auf. In der ersten Woche wohnten wir wieder im MA13 in Sineu. Jan Eric betreibt hier eine art Hostel für Radfahrer. Und der Ex-Profi weiß genau, was man als Cyclist so benötigt. Vor allem Kaffee, gute Laune und eine vernünftige Infrastruktur. So gibts im Haus alles, was das Radeln angenehm und bequem macht: Zum Beispiel einen riesigen Radkeller mit Werkstatt, Dusche und Trainingsmatten, um nach der Tour die verspannten Glieder wieder ein wenig zu entzerren. Oder eine bestens ausgestattete Küche, in der man sich selbst bekochen kann und in der der Hausherr jeden Morgen das Frühstück zubereitet. Um sich hier zu integrieren, muss man einige Regeln beachten. Die Wichtigste: auf keinen Fall die Espressomaschine anfassen! Das ist allein das Privileg des Chefs. Oder einen bestimmten Schrank in der Küche, in dem seine Privatsachen sind. Wenn man diese und einige andere Regeln beherzigt, steht dem Wohlfühlerlebnis nichts im Wege. Eine tolle Dachterrasse und eine Terrasse vor dem Haus runden das ganze ab. Einzig die Zimmer sind ein bisschen eng und die Wände bestehen gefühlt aus Pappe, so dass man wirklich JEDES Wort aus dem Nebenzimmer hören kann.
Morgengewusel beim Frühstück
Die Altstadt von Pollenza mit seiner
eindrucksvollen Treppe
Oft mit dem Rennfahrerpärchen aus Berlin/Gütersloh unterwegs.
Hier mit Lydia
Die letzten Meter...
Einfach immer Richtung Kirchturm,
dann kommt man schon an
Nachtleben in Sineu - 
Bars und Restaurants für jeden Geschmack















Der Standort Sineu ist bestens geeignet, um jeden Punkt auf der Insel per Rad zu erreichen. Ja, ich würde sogar sagen, dass es keinen besseren Ort dafür gibt. Sineu ist gerade so groß, dass man alles findet, was man braucht - zwei Supermärkte, Bars, Restaurants und jede Menge Geldautomaten - und so klein, dass sich die Menschenmengen hier in Grenzen halten. Tagsüber kommen zwar jede Menge Radfahrer durch den Ort und machen sich auf einem der beiden Haupt-Plätze breit, verschwinden aber gegen Nachmittag wieder an die Küsten in ihre Hotel-Bunker zu ihrem Pauschalangebot. Nicht gegen Pauschalangebote beim Radfahren aber nach langen Jahren als Nutzer derselben, kann einem die radfahrende Menschenmenge ziemlich auf den Keks gehen. Hier im M13 sind fast ausschließlich Individualisten, viele Alleinreisende und ab und zu sogar Radprofis, die die Ruhe und die entspannte Atmosphäre genießen.

Der Markt von Sineu ist ein Muss für Inselbesucher. Hier gibts alles: Seltsame Erscheinungen, frisches Gemüse und selbstgemachte Chips.


Rumgammeln am Ruhetag. Im MA13 gibts keinen Fernseher,
doch das stört keinen.
Sineu - einfacher Charme auch, wenns regnet.

Ruhetag. Spaziergang vor den Toren Sineus
Schöne Terrasse - 
leider an diesem Tag ungemütlich
So verging die erste Woche, in der das Wetter noch nicht ganz so war, wie erhofft. Immer noch besser als im ungemütlichen Deutschland aber immerhin hatten wir zwei Regentage, an denen man überhaupt nicht fahren konnte. Und wenn es regnet, sollte man auf Mallorca alles andere tun aber auf keinen Fall Radfahren. Wohl nirgendwo sonst werden die Straßen so schmierig glatt wie dort. Dies liegt zum einen am Blütenstaub, der gerade im Frühjahr hier durch die Gegend schwirrt, zum anderen aber auch an der Art des Asphalts. Dieser enthält sehr viel Kalk, wodurch die Oberfläche bei Nässe glatt wird. Ich habe schon Unfälle gesehen, wo jemand einfach durch bloßes Anfahren gestürzt ist, weil das Rad durchdrehte und wegschmierte. So verbrachten wir die unfreiwilligen Ruhetage mit ein bisschen Arbeiten, Unsinn machen und Cerveza trinken.
Es gibt immer wieder einsame
wunderschöne Ecken zu entdecken.


Der Versuch, sich die deutsche Landesflagge
auf den Arm zu brennen.

In der zweiten Woche dann wechselten wir den Ort. Mit dem Rad fuhren wir in den Süden der Insel, während Jan Eric unser Gepäck mit dem Auto in den Robinson Club brachte.
Ein letzter Blick von der Dachterrasse

Unterwegs trafen wir uns mit unseren Vereinskollegen, die zur selben Zeit hier waren und fuhren gemeinsam auf den Randa, einer der markanten Hügel im südlichen Teil der Insel. Dort oben machte Marco (Porno) Schmelz seiner Verena an diesem Tag einen Heiratsantrag.
"Der Moment". Böse Zungen behaupten, er teilt
mit ihr gerade seinen letzten Schokoriegel. DochKenner wissen:
Das würde er nie tun.
Robinson und ... nicht Freitag sondern Montag ;-)
Je südlicher wir kamen, desto mediterraner wurde es. Es roch nach Sommer, es wurde wärmer und die Vegetation tatsächlich immer tropischer. Vielleicht bildeten wir uns das alles auch nur ein, vielleicht wurde es im Laufe des Tages auf der ganzen Insel wärmer. Egal, wir hatten Rückenwind und rauschten mit Höchsttempo unserem Ziel entgegen.
Der  Poolbereich. Fast schon dekadent. 

Die Tage im Robinson Club waren entspannt. Anders kann man es nicht sagen. Das Wetter wurde zunehmend sommerlicher und es war schon eine sehr angenehme Erfahrung, nach dem Radfahren direkt in die Sauna zu gehen oder zur Massage.  Und dann natürlich das exzellente Essen... einfach fantastisch.
Totale Erschöpfung nach Krampf-Tour und Party-Nacht.
Ganz klar: Ruhetag befohlen.
Zwei Ruhetage machten wir auch hier. Einen davon planmäßig und einen gezwungenermaßen. Und zwar erlebte ich am Donnerstag, dem vorletzten Tag mein absolutes Waterloo. Warum weiß ich nicht. Wir hatten vor, unsere vorletzte Tour noch einmal sehr lang zu gestalten. 160 Kilometer mindestens. Einmal vom Süden in den Norden über den Orient, einer kleinen Gebirgskette vor dem Tramuntana, dem eigentlichen Hauptgebirgszug der Insel. Wir besuchten nochmal das MA13 auf einen Kaffee nach 40 KM. Schon zu diesem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, dass irgendwas an diesem Tag nicht stimmte. Ich fühlte mich nicht wohl auf dem Rad, der Tritt war nicht rund und das Tempo - egals welches - war mir irgendwie nicht recht. Von Anfang an hatte ich das Gefühl dass das ein unheimlich schweres Ding werden würde. Und so war es auch. Nach er erste Hälfte hatte ich keine Kraft mehr und schleppte mich im Windschatten von Dominik irgendwie nach Hause. Völlig kraftlos und mit Krämpfen. Selbst in den Fingern und den Zehen hatte ich sie. Ich hätte noch nicht einmal zur Massage gehen können, denn man hätte mich mit Wattebäuschchen streicheln können, das wäre noch zu hart gewesen. Als dann der Abend auch noch partytechnisch ein wenig aus dem Ruder lief, war klar, dass dies unsere letzte Tour gewesen sein würde. Der nächste Tag fand am Pool und am Buffet statt.
Und so klang eine wunderbare Zeit aus, die mit 8 Einheiten und knapp 1.000 Kilometern in zügigem Tempo sowohl vom Training wie auch vom Spaß- und Erholungsfaktor eine Runde Sache war. Mal sehen, was es so fürs Radfahren gebracht hat...
Sant Salvador