22. März 2018

Resignation und Apathie - irgendwann is auch egal

22.03.2018

Tristesse ist man hier im Ort gewohnt. Das Wetter fällt nicht weiter auf.
Irgendwann kam das Gefühl der Gelassenheit. Und zum ersten Mal konnte ich die Skandinavier verstehen, die monatelang in der Dunkelheit leben. Zumindest fast. Sie haben sich mit der Situation arrangiert, denn man kann daran sowieso nichts verändern. Dasselbe versuche ich auch - oder nein, es kam einfach. Als wir aus der schönen Toskana zurückkamen - und das ist Mitte Oktober gewesen - empfing uns abscheulichstes Wetter. Das hält bis jetzt. Ja, als man dachte, dass der Frühling endlich kommen könnte, nahm der Winter nochmal einen tiefen Zug aus der Pulle. Ein Ende ist noch nicht in Sicht und bis Ostern könnte es in diesem Jahr frostig bleiben, sagt der Wetterbericht. Mir irgendwie egal. Ja, Sie lesen richtig.
Ich sehe es ja für gewöhnlich aus der Sicht des Radsportlers. Umso verwunderlicher meine Einstellung zum hiesigen Wetter diesem Jahr. Der Grund liegt in einer Art Teufelskreis und an Felix. Und zwar ist das so: Je schlechter das Wetter, desto weniger kann ich mir vorstellen, draußen zu fahren. Desto angenehmer empfinde ich es sogar, einfach in kurzer Buxe auf dem Heimtrainer zu sitzen. Je länger es also draußen nahezu unmöglich ist, Rad zu fahren, desto mehr gewöhne ich mich daran und weiß die Vorteile zu schätzen: Es ist warm, regnet nicht, die Ausrüstung ist überschaubar und man kann dabei fernsehen. Ein weiterer Grund für meinen Gesinnungswandel: Felix, mein Rad-Kollege beschäftigt sich gerade intensiv mit dem Komponieren von Trainingsplänen. 
Habe noch nie so viel Fernsehen geguckt, wie in diesem Winter.
Vornehmlich Videos von Menschen, die durch die Sonne radeln.
Und so bat er mich, sein Versuchskarnickel zu sein. 
"Kann ja nur besser werden", dachte ich und so trainiere ich seit geraumer Zeit nach Plan, dem ich mich hingebungsvoll verpflichtet fühle. Weil Felix sich wirklich Mühe gibt und mit Leidenschaft an meiner körperlichen Leistungsfähigkeit schraubt. Und - das kommt hinzu - weil das alles bei "Strava" dokumentiert wird. Eine Art Facebook für Sportler, bei der alles, was man auf dem Rad unternimmt, für die ganze Welt zu sehen ist. Felix schaut sich mein Training an und da möchte ich mir nicht die Blöße geben. Kurz gesagt: Ich bin froh, wenn ich bei der Suppe nicht nach draußen muss, dass ich einen Anreiz habe, dennoch was zu tun und dass dies scheinbar auch einen positiven Effekt hat. Von mir aus kann es so weitergehen und die Sonne nur mal kurz an den Renn-Wochenenden rausgucken. Mir doch egal, pfffffhhh....
Auch Voodoo hat bisher nichts gebracht





9. März 2018

Die entmannte Hymne

09.03.2018
Heute mal was Politisches: Aus aktuellem Anlass widme ich mich heute mal einem meiner Lieblingsthemen. Und weil ich es nicht besser ausdrücken könnte, bediene ich mich heute eines Beitrags von Bastian Sick, den ich an dieser Stelle einfach mal ungekürzt und unverändert wiedergebe. Dem ist nichts hinzuzufügen...



Das musste ja kommen. Nachdem die Österreicher bereits vor einigen Jahren per Erlass den Text ihrer Nationalhymne verändert hatten, war es nur eine Frage der Zeit, bis auch in Deutschland jemand fordern würde, die dritte Strophe des „Liedes der Deutschen“ von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben zu ändern und von allen „Vätern“ und „Brüdern“ zu reinigen. Dieser Jemand – oder soll ich sagen: diese Jemandin – ist gefunden. Es ist die Gleichstellungsbeauftragte des Familienministeriums, Kristin Rose-Möhring. Wie heute in den Zeitungen zu lesen stand, will sie „Vaterland“ in „Heimatland“ abgeändert sehen und „brüderlich“ in „couragiert“.
Nun hat das Wort „brüderlich“ die Bedeutung „freundschaftlich“, „wie Geschwister verbunden“, wovon die Schwestern zu keinem Zeitpunkt ausgenommen waren. Auch Schwestern können brüderlich miteinander teilen. Und dass „Vaterland“ nur das Land der Väter, nicht aber auch der Mütter sei, steht nirgendwo geschrieben außer vielleicht in den Lehrbüchern der Gleichstellungsbeauftragtinnen. Ebenso wenig ist die Muttersprache eine Sprache, die nur von Frauen gesprochen würde. Und wo wir gerade dabei sind: „Einigkeit und Recht und Freiheit“ kann dann aber auch nicht stehen bleiben – das sind zwei weibliche Wörter und ein sächliches Wort. Da sind wir Männer doch völlig unterrepräsentiert!
Ich war stets ein Freund der Gleichberechtigung und der Frauenbewegung und bin es noch heute. Doch ich war nie ein Freund der sogenannten gendergerechten Sprache. Zunächst einmal wird dabei ignoriert, dass das grammatische Geschlecht und das biologische Geschlecht zwei verschiedene Paar Schuh sind. Nur weil „der Mensch“ grammatisch männlich ist, heißt das längst nicht, dass Frauen nicht dazugehörten. Umgekehrt ist „die Person“ grammatisch weiblich, was nicht ausschließt, dass auch Männer Personen sein können. Aus einem Missverständnis der Grammatik heraus ist die Sprache zu einem Nebenkriegsschauplatz der Emanzipation geworden, und je länger dieser Krieg wütet, desto mehr wird die Sprache dabei in Mitleidenschaft gezogen.
Im neuesten Vorstoß der Gleichstellungsbeauftragten soll ein 177 Jahre altes Kunstwerk (das „Lied der Deutschen“ entstand 1841 auf der Insel Helgoland) aus politischen Gründen verändert werden. So etwas sollte bei allen Freidenkern und Kulturschützern Großalarm auslösen. Denn über erzwungene Veränderungen in der Sprache Einfluss auf das Denken zu nehmen, ist ein Wesenszug von Fanatismus und Diktatur. Dazu gehört auch das Bestreben, Kunst im Allgemeinen zu verändern und so hinzubiegen, dass sie politisch genehm ist. Dafür gibt es in der Weltgeschichte (und speziell in der Geschichte Deutschlands) zahlreiche abschreckende Beispiele.
Die Nazis erklärten Malerei, die ihnen nicht genehm war, zu „entarteter Kunst“ und verbrannten Bücher. Die SED unterdrückte die Meinungsfreiheit über 40 Jahre lang. Und noch vor gar nicht langer Zeit entsetzte sich die Welt darüber, dass der Islamische Staat eine Tempelanlage in Syrien sprengte und eine 2000 Jahre alte Löwenstatue zerstörte, weil diese nicht in sein religiöses Weltbild passten.
Was ist so anders daran, wenn per Dekret beschlossen wird, an einer Hochschule in Berlin ein Fassadengedicht von Eugen Gomringer zu übermalen, weil es angeblich frauenfeindlich sei? Man muss „frauenfeindlich“ nur durch „entartet“ ersetzen, um zu erkennen, aus welcher Richtung ein solcher Wind weht.
Die Veränderung der Nationalhymne ist ein schwerwiegender Eingriff. Man kann sie abschaffen, wenn sich die Staatsform ändert – so wie mit der Hymne der DDR geschehen und mit der Streichung der ersten Strophen des Deutschlandliedes bei der Gründung der Bundesrepublik. Aber den einmal geschaffenen Text zu verändern, also in das Werk eines Dichters einzugreifen und es zu „verschlimmbessern“ – das widerspricht jeglichem Verständnis von Kunstfreiheit. Der Staat hat die Verpflichtung, Kunst zu bewahren. Er hat nicht die Aufgabe, sie je nach politischer Laune zu retuschieren, zu schwärzen oder zu übertünchen. Denn ehe man sich’s versieht, landet man dort, wo man vor 85 Jahren schon mal gewesen ist.