26. Oktober 2013

Nicht mit meiner Uhr

Heute einen schönen Kommentar zur Zeitumstellung gefunden. Ist ja schon jedesmal so, dass man sich fragt, was der Schwachsinn eigentlich immer soll. Der Text aus dem Spiegel bringt's auf den Punkt.


Ärgernis Zeitumstellung

Die Zeitumstellung ist unsinnig, teuer, macht krank und dumm - und trotzdem regt sich kein Widerstand dagegen. Denn die Menschen gehen zwar auf die Straße, wenn sie hassen, hungern oder um ihr Geld fürchten - aber leider nicht für Sinn.
Gleich oder morgen oder demnächst wird die Zeit wieder eine Stunde vor- oder zurückgestellt. Wer weiß schon genau Bescheid, keiner will das wissen, keiner will das. Niemand will diese allmachtsphantastische Zeitschrauberei. Millionen werden Schlafstörungen haben, schlechte Laune, Unfälle durch Unaufmerksamkeit. Die Energieeinsparung, die einmal ausschlaggebend für das Uhrenchaos war, ist heute umstritten, unbestritten sind die enormen Kosten der Umstellung. Und die negativen Auswirkungen auf Physis und Psyche.
Besonders bei jenen Menschen, die im Schichtsystem arbeiten müssen und in der Landwirtschaft, wo die Tiere wegen der Melkzeiten durchdrehen. Versuch, den Quatsch mal deiner Kuh zu erklären. Die Kosten der Umstellung in der Pharmaindustrie, der IT-Welt und dem Transportwesen sind verrückt. Und vollkommen bescheuert die ganze Aktion, bedenkt man, dass kaum ein Mensch die Zeitumstellungen schätzt. Alle murren, schrauben an ihren Uhren, sind verwirrt. Und wir erhalten ein perfektes Beispiel von der Schwierigkeit von Menschen, sich zu organisieren und zivilen Widerstand zu leisten.
Wie schon damals die Parole "Stellen Sie sich vor, es ist Krieg und keiner geht hin" rührend war in der Annahme, Menschen könnten sich gegen ihre demokratisch gewählten Regierungen zur Wehr setzen, ist es auch bei dem harmloseren, aber ärgerlichen Vorfall der diktierten unsinnigen Zeitumstellungen fast unmöglich, eine Solidargemeinschaft zu bilden.
Würden alle Bewohner - fangen wir mal klein an - Deutschlands die Zeitumstellung ignorieren, gäbe es ein solches Chaos, dass sich im nächsten Jahr der Rest Europas und dann der Rest der Welt mit Freuden anschlösse. In nur drei Jahren wäre das Thema vom Tisch. Sich im Netz zu verbünden, geht schnell.
Aber wie setzt man das im Einzelnen um? Jeder für sich, zu Hause. Zu riskieren, zu spät zur Arbeit zu kommen, das Flugzeug, die Bahn zu verpassen, wichtige Meetings, den ganzen Scheiß. Auf einmal ist man allein mit seiner Zivilcourage, und wer hat die schon? Was bei der Demonstration vor Flüchtlingsheimen hervorragend funktioniert - die Wut, die eine Gruppe verbindet, der Folgetrieb, der Mob, die Masse, die gemeinsame Empörung -, ist bei sinnvollen Aktionen schwer herzustellen.
Wer beginnt damit, sich auf die Straße zu stellen, in der Nacht der Zeitumstellung, und in den Himmel zu rufen "Mit mir nicht!"? Wer wird ihm folgen, und lohnt das überhaupt? Die Menschen mobilisiert man am besten im Hass. Gegen Fremde zum Beispiel, gegen die Regierung, wenn es an das Geld geht, an die Nahrung, schon bei sinnvollen Punkten wie Atomkraft bekommt man weniger Menschen auf die Straße als bei einer gepflegten 1.-Mai-Ausschreitung.
Ich könnte allen vorangehen, auf die Straße, und könnte diese Demonstration totaler menschenverblödender Diktatur der Zeit anführen. Fraglich, ob mir viele folgen würden, denn meine Beliebtheit hält sich in Grenzen. Wir werden es nicht schaffen, den Irrsinn zu verhindern. Wir werden schlechte Laune haben, es wird dunkel und kalt. Viel Freude Ihnen an dieser Stelle.

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